Es ist noch nicht lange her, da wurde Patienten nach einem Infarkt, bei Krebs, einem Bandscheibenvorfall, Rheuma und vielen anderen schweren Erkrankungen eines geraten: Belastung vermeiden! Je schwerer die Krankheit, desto länger war die Schonung angedacht. Die Wissenschaft ist heute weiter und durch Studien und neue Erkenntnisse hat sich die Sichtweise drastisch geändert.
Körperliche Aktivität galt zwar schon immer als Maßnahme, um die Gesundheit zu stärken, Gelenke, Sehnen und Bänder elastisch zu halten und die psychische Verfassung positiv zu beeinflussen. Seit jedoch bekannt ist, welche Heilkräfte körperliche Ertüchtigung hat, dient sie nicht mehr nur der Vorbeugung, sondern wurde auch Bestandteil der Therapie.
Bewegung als Ersatztherapie anstelle von Medikamenten
Wie eine hochdosierte Pille setzt jede körperliche Anstrengung Unmengen physiologischer Vorgänge in Gang. Das Herz pumpt schneller, die Körpertemperatur steigt. Botenstoffe strömen in Kopf und Glieder.
- Im Gehirn entstehen neue Nervenbahnen, krankes Gewebe heilt, neue Zellen wachsen heran, Erbsubstanz wird repariert.
- Bewegung fördert die Hormonbalance, Haut und Haarzellen werden kräftiger.
- Die Kräftigung der Muskulatur schützt vor Osteoporose, hält den Körper aufrecht und ist eine hervorragende Verletzungs- und Unfallprophylaxe. Eine Vielzahl von Rückenleiden könnte nach Ansicht von Experten vermieden werden, wenn gezieltes Aufbautraining der Rumpfmuskulatur endlich als die effektivste und verträglichste Methode angesehen werden würde.
- Der positive Einfluss von Bewegung auf Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes und als Schutz vor Infarkten und Schlaganfällen ist ebenfalls bewiesen.
- Moderate körperliche Anstrengung verbessert die Schlafqualität und schützt vor Übergewicht.
- Konzentrationsfähigkeit, Energie und Belastbarkeit nehmen zu.
- Bewegung wirkt auf das seelische Befinden wie stimmungsaufhellende Medikamente.
- Sport macht schlau. Sportliche Betätigung sorgt für eine bessere Blutzirkulation im Gehirn, wodurch die Anzahl der Blutgefäße wächst. Mehr Blutgefäße = mehr Blut = mehr Nährstoff und Sauerstoff = das Denkorgan funktioniert besser.
Neben einer vernünftigen Ernährung gibt es keine wirkungsvollere, einfachere und günstigere Methode, das Leben zu verbessern und zu verlängern.
Muskeln bringen den Fett- und Zuckerstoffwechsel auf Trab
Wenn die Muskulatur anfängt zu arbeiten, bringt sie nicht nur den Körper in Bewegung, sie setzt auch eine Vielzahl von Botenstoffen in Gang und nimmt Einfluss auf biochemische Prozesse in vielen Bereichen des Organismus.
- Aktive Muskeln schütten Stoffe aus, die den Fett- und Zuckerstoffwechsel im Darm anregen. Diese Stoffe bringen Zellen im Darm dazu, überschüssige Zucker- und Fettmengen schneller abzubauen, worin einer der Gründe gesehen wird, warum sich Muskeltraining bei der Behandlung oder Vermeidung von Diabetes so gut bewährt.
- Blutgefäße am Herz erlangen die Fähigkeit, sich mitunter selbst zu reparieren, das Infarktrisiko sinkt. Körperliche Aktivität verhindert außerdem, dass zu hohe Blutfettwerte die Bildung von Gallensteinen begünstigen.
Muskeln schützen vor Krebs
Für bestimmte Krebserkrankungen ist belegt, dass Muskeltraining die Wahrscheinlichkeit dafür verringert. Die Gründe konnten noch nicht ganz erforscht werden. Vermutet wird ein positiver Effekt von Muskeltraining auf das Immunsystem und auf die Reduktion der freien Radikale.
- Die Verdauung eines bewegten Körpers arbeitet wesentlich besser und wirkt dadurch vorbeugend gegen Darmkrebs. Wissenschaftlichen Erhebungen zufolge erkranken 20–30 % der Menschen, die körperlich aktiv sind, weniger an bestimmten Tumorarten, wie beispielsweise Darmkrebs oder Brust- und Gebärmutterhalskrebs nach der Menopause.
Und Krafttraining bei einer bestehenden Krebserkrankung?
Generell ist man von der These „Krebspatienten müssten sich schonen“ abgekommen. Moderates Training wird deshalb meist nicht nur als Krebsprävention oder im Anschluss an die Behandlung, sondern bereits während der Krebstherapie empfohlen.
Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass der Heilungsprozess von Krebspatienten, die Krafttraining gemacht haben, häufiger erfolgreich verlief, als bei Patienten, die sich überwiegend anderweitig körperlich betätigten. Da auch Ausdauertraining eine allgemeine Immunstabilisierung bewirkt, wird untersucht, was es mit der Muskulatur im Zusammenhang mit der Krebsprävention auf sich hat. Bekannt ist, dass Muskeln bei Aktivität körpereigene Botenstoffe produzieren, die das Hormonsystem und den Stoffwechsel beeinflussen, auch den Zuckerstoffwechsel (siehe oben).
Da zwischen Diabetes und Krebs ein Zusammenhang besteht und Muskeltraining bei Diabetes erstaunliche Erfolge erzielt, wird die Verbindung hier vermutet.
Muskeln statt lebenslanger Gipsverband
Die Skelettmuskulatur, die mit rund 400 Muskeln der Bewegung und Stabilisation des Skeletts dient, ist bei manchen das am meisten vernachlässigte Organ. Wie ungenutzte Muskulatur verkümmert, erfahren viele nach einem wochenlangen Gipsverband. Eine lebenslang ungenutzte Muskulatur kommt einem freiwilligen Ganzkörpergips gleich, durch den im Laufe der Zeit die vernachlässigte Muskulatur von der Speichermasse Fett überlagert wird.
Am Tag 500 kcal mehr verbrennen
Mehr essen und gleichzeitig abnehmen? Das geht, denn die Muskulatur ist das größte Stoffwechselorgan, verbraucht also die meiste Energie. Ein gut trainierter Muskel hat selbst im Ruhezustand einen höheren Energiekonsum als ein untrainierter Muskel.
Ein soeben beanspruchter Muskel verbraucht außerdem extra Energie für die Regeneration. Biologisch gesehen sehr sinnvoll, da ein erschöpftes Wesen schnell wieder leistungsfähig gemacht werden muss. Durch den Nachbrenneffekt kann der Grundumsatz nach dem Muskeltraining für über einen Tag auf erhöhtem Niveau bleiben.
Und selbst bei längerer Untätigkeit sinkt der Energiekonsum bei trainierter Muskulatur weniger als bei Untrainierter.
Der Aufbau von Muskeln und das damit verbundene Verbrennen überflüssigen Körperfetts stehen in direktem Zusammenhang mit einem guten Stoffwechsel. Je mehr Muskeln ein Mensch besitzt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines optimalen Körperfettanteils.